Die ersten drei Jahre bilden trotz ihrer Weiterentwicklung eher noch eine Einheit. War es im 3. Schuljahr erst ein anfängliches allgemeines Menschheits- und Weltinteresse, so wandelt sich dies in der 4. Klasse. Nun wird die individuelle Umgebung des Wohnortes interessant und die Frage nach dem Menschsein differenziert sich nach dem Ursprünglichen und Einmaligen im vielgestaltigen Erscheinungsbild der objektiver werdenden Welt.
Jetzt lernen die Kinder in der Himmelskunde wie und woran sie sich orientieren können. Die Wahrnehmungen in der Zeit und am Raum werden unmittelbare Hilfe im Finden eines eigenen Standortes auf der Erde. Der Wohn- oder Geburtsort als Heimat reizt mit seiner Geschichte und die Umstände, die die Menschen zu ihrer spezifischen Lebensweise geführt haben. Da werden mit Eltern Ausflüge oder vielleicht eine erste Klassenwanderung mit Übernachtung unternommen, etwa um den Fluss in der Nähe bis zu seinem Ursprung zu begleiten und kennen zu lernen. In diesem Zusammenhang werden die Berufe, die aus der gegebenen Landschaft erwuchsen, neu erfahren, wie das Flößen, Papiermachen, der Weinbau … Aus dem an Ort und Stelle Erlebten, mit all seinen Gerüchen und Farben, die Erinnerungen an die schmerzhaften Blasen an den Füßen…, wird der Prozess zu einer Kartenerstellung schrittweise angeleitet. Aus einem plastischen Sand- oder Tonabbild des Umfeldes oder der durchwanderten Kilometer kann die Landschaft von der Vogelperspektive ins Flächige übertragen werden. Am Schluss liegt ein Plan vor, der allgemeine Gültigkeit besitzt. Aus den vielfältigsten, persönlichen Erlebnissen eines Ortes ist Objektivität geworden, die für jeden gilt. Fragen des Maßstabes spielen eine Rolle und werden z.B. anhand des eigenen Zimmers, des Hauses oder des Schulgeländes geübt. Schön, dass in diesem Schuljahr mit Hilfe der ansässigen Verkehrspolizei die Fahrradprüfung abgelegt wird und zum Abschluss des Schuljahres die Heimatkunde auf Rädern an dem Ort enden kann, an welchem der Fluss, an dem wir entlang wanderten, mündet: bei Speyer.
Mit der ersten Geografie hat das Kind seinen eigenen Stand erprobt. Es kann sich nun als eigene Person der Umwelt gegenüberstellen, ohne sich darin zu verlieren. Dieser Prozess wird durch die Rezitationen des Stabreimes unterstützt. Eine Grundstimmung dieses Jahres ist in einem ausgeprägten, starken Kraftstrom der Zehnjährigen spürbar. Sie hören denn auch von den impulsiven Germanen, ihrer Mythologie und dem Wirken ihrer Helden, die ebenfalls um ihre Individualisierung rangen.
Dem Thema der großen Einheit inmitten einer aufgeteilten Fülle begegnen wir in der Grammatik anhand der Verwandlungskraft einer Stammsilbe, im differenzierteren Unterscheiden des allgemeinen Zeiterlebens und beim Bruchrechnen, handgreiflich, wenn der Lehrer einen mitgebrachten ganzen Stock in lauter aufgesplitterte Teile zerbricht. Mit den Stockbruchstücken wird gerechnet und ein Bruchstück wird zum Bild des Bruchstriches. In den Erscheinungen dieser neuen Rechenart liegen eigentlich die seelischen Realitäten der Viertklässler verborgen: Da gibt es nun lauter verschiedene Einzelwesen („Stammbrüche“), alle einmalig. Jeder hat einen eigenen Namen und seinen Wert. Will man mit anderen zusammenkommen, muss man „auf einen Nenner“ kommen, des anderen Wert annehmen. Auf gleicher Wellenlänge kann man sich nun „gleichnamig“ verständigen. Da aber viele solche neuen Scheingebilde herumlaufen, muss man auch die Kunst erüben, sie auf ihre Originalität herunterzukürzen. Die neuen Spielregeln entpuppen sich als Regelwerk im sozialen Miteinander.
Bescheiden vertieft der Musikunterricht die Fragen des Taktes und übt Bruchrechnen anhand der Notenwerte. In jedem Lied dürfen wir Mathematik genießen. Beim Kanonsingen erklingen innerhalb eines gemeinsamen Zeitraumes die verschiedensten Melodieteile harmonisch miteinander. In Klasse 4 lernen die Kinder darüber hinaus im Klassenorchester zu spielen.
Ein neues Fach in der 4. Klasse ist die Tierkunde. Wenn die Schüler durch die vorangehende Menschenkunde an einem Zipfel erlebt haben, wie einmalig der Mensch ist inmitten der Mannigfaltigkeit der Tierwelt, dann ist damit ein Gefühlsfundament gelegt für die damit verbundene Verantwortlichkeit für dieselbe. Das vermittelte Wissen will nicht nur Kopfinhalt sein, es bildet den Menschen heran.
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In den Fremdsprachen beginnt nun die Grammatik und das Aufschreiben, sowie das sinngemäße Übersetzen. Der eurythmische Unterricht unterstützt das Bemühen um räumliche Darstellungen der Grammatik. Gefühl und Wille müssen sich beteiligen. Dur und Moll, – ein Mehr-außer-sich-sein-können, ein Sich-zu-sich-selbst-zurückfinden beginnen, einen Erlebnisinhalt zu bekommen. Die kleine und die große Terz finden ihre Anwendung.
Der Kreuzstich und andere Stickarten erhalten ihre Bedeutung in der Handarbeit, und im Turnen ertüchtigt sich das Kind in der Fülle neuer Geräte (Leitern, Taue, Ringe, Pferd, Bock und Sprunggeräte).